Kaum ein Möbelstück prägte vom Ende der 1920er Jahre bis in die Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders in den 1950er Jahren die deutschen Wohnungen so sehr wie der Wohnküchenschrank im Stil des "Gelsenkirchener Barock". Von den Kunstkritikern wurden Möbel in diesem Stil verdammt, da ihnen die einfache, schlichte Formensprache modernen Möbeldesigns fehlte.
Ein Vertreter dieses Schranktyps befindet sich in den Beständen des Ruhr Museums. In seinem Äußeren entsprach der Wohnküchenschrank den zeitgenössischen Vorstellungen von einem repräsentativen Wohnzimmerschrank: Das hochglanzpolierte Edelholzfurnier, die geschwungenen Schubladen, Türen und Füße sowie die geschnitzten Verzierungen geben ihm ein gediegenes, üppiges Aussehen. Die Beschläge aus Messing und Bakelit unterstreichen diesen Eindruck. Im oberen Teil des Schranks befindet sich eine Vitrine mit Glastüren - bei den hochpreisigen Möbelstücken, wie in unserem Fall, abgerundet und mit goldunterlegtem Zierschliff versehen. Im Inneren ist der Wohnküchenschrank ein funktionales Küchenmöbel: Er bietet viel Stauraum. Ein Brotfach aus emailliertem Blech, eine Schublade mit Besteckkasten und eingebaute Glasschütten für Zucker, Hülsenfrüchte und andere Nahrungsmittel offenbaren seine Aufgabe als Küchenschrank.