Erstmals in ihrer 70-jährigen Geschichte kehren Objekte aus der Sammlung der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem zurück nach Deutschland.
Die gemeinsame Ausstellung des Freundeskreises Yad Vashem in Deutschland e. V., der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem und der Stiftung Zollverein zeigte 16 Gegenstände von Familien oder Personen, die einst in Deutschland lebten und Teil der Gesellschaft waren. Die Exponate stammten alle aus unterschiedlichen Städten der sechzehn Bundesländer des heutigen Deutschlands. Dies ist eine Erinnerung daran, dass alle Orte in Deutschland durch den Holocaust einen Teil ihrer Geschichte, ihrer Identität verloren haben.
Jeder der sechzehn Gegenstände ist völlig eigen: Groß wie ein Klavier, klein wie eine Puppenküche oder intim wie ein Tagebuch. Es kann sich um einen religiösen Gegenstand handeln oder eine Abendtasche, manches ist aus Silber, anderes aus einem Stück Papier. Sie wären Alltagsgegenstände geblieben, stünden sie nicht für unzählige Leben und Gemeinschaften, die durch den Nationalsozialismus zerstört wurden. All diese Objekte befinden sich heute in der Sammlung von Yad Vashem und jedes verkörpert eine einzigartige Geschichte. Kuratiert wurde die Ausstellung von der Geschäftsführerin des Freundeskreises Yad Vashem, Ruth Ur, zusammen mit Michael Tal, dem Leiter der Objektsammlung Yad Vashem. Anfang des Jahres 2023 wurde die Ausstellung zuvor im Deutschen Bundestag gezeigt.
Präsentiert wurden die Objekte vor einer zeitgenössischen Fotografie ihres ursprünglichen Herkunftsortes. Begleitend zur Ausstellung erschien ein Katalog mit Informationen zu allen Objekten und ihren einstigen Besitzer:innen.
Zur Ausstellung boten die Alte Synagoge Essen, das Ruhr Museum, die Stiftung Zollverein und der Freundeskreis Yad Vashem e.V. ein umfangreiches Rahmenprogramm an. In einer Vortragsreihe wurde das Thema Erinnerungskultur im Wandel der Zeit in den Mittelpunkt gerückt. Dabei ging es um historische Aspekte und um konkrete Wege zukünftiger Erinnerung sowie des Gedenkens. Diese Frage stellt sich, wenn die letzten Zeitzeugen der Shoah nicht mehr leben, dann werden Erinnerungsstücke und Dokumente zu Zeitzeugen. Im Rahmen von Führungen erfuhren Gäste spannende Hintergründe zu den Gegenständen und ihrer Inszenierung in der Ausstellung. Bei Spaziergängen erwanderten die Teilnehmenden die Spuren jüdischen Lebens in Essen und besuchen Orte, an denen die Besitzerin des Essener Objektes gelebt hat. So etwa das „Roba-Haus“ (heute „Osram-Haus“) in der Kruppstraße, wo Hermann Bachrach als Geschäftsmitinhaber und Möbelfabrikant nach 1929 gearbeitet hatte.
Die Eröffnung der Ausstellung fand am Sonntag, den 5. März 2023 in der Halle 5 auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein statt.
Die Aufzeichnung finden Sie hier.
Die Internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem wurde im Jahre 1953 vom israelischen Parlament gegründet. Sie befindet sich auf dem Berg der Erinnerung in Jerusalem und widmet sich der Dokumentation des Holocaust, der Forschung, der Bildung und dem Gedenken an die sechs Millionen jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die während des Holocausts ermordet wurden, sowie an die zerstörten jüdischen Gemeinden.
Eine der zentralen Aufgaben des 1997 gegründeten deutschen Freundeskreises von Yad Vashem ist, die Arbeit der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Dafür stärkt der Verein nicht nur die Beziehungen zwischen der Holocaust Gedenkstätte und deutschen Institutionen, sondern bietet zahlreiche Bildungs- und Gedenkprogramme in Zusammenarbeit mit Yad Vashem an.
www.yad-vashem.de
Die Alte Synagoge, Kulturinstitut der Stadt Essen, befindet sich im früheren Synagogenbau der jüdischen Gemeinde in Essen. Das Baukunstwerk gehört zu den größten und architektonisch bedeutendsten freistehenden Synagogenbauten Europas aus der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts. Seit 2010 wird in der Alten Synagoge eine interaktive Dauerausstellung über zeitgenössisches Judentum gezeigt. Im Hauptraum am Edmund-Körner-Platz in der Essener Innenstadt findet die Vortragsreihe zur Ausstellung statt. Zudem können Gäste dort mehr über die Geschichte der Familie Bachrach erfahren, von der die Abendtasche in der Ausstellung stammt.
www.essen.de/leben/kultur_/alte_synagoge/alte_synagoge_startseite.de.html
Alle Informationen zur Ausstellung auf einen Blick gibt es auch hier im Flyer zum Download
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